Ist auch bei einem LKW mit Rückfahrkamera bei Rückwärtsfahrten ein Einweiser notwendig?

Für Fahrzeuge auf dem Betriebsgelände finden die arbeitsschutzrechtlichen Vorschriften und die Unfallverhütungsvorschriften Anwendung. Im öffentlichen Bereich sind das Straßenverkehrsrecht und die Unfallverhütungsvorschriften heranzuziehen. Hinsichtlich der Anforderungen an die Beschaffenheit und die Benutzung bestehender Fahrzeuge ist die Nummer 1 Anhang 1 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) und die DGUV Vorschrift 70 "Fahrzeuge" zu beachten.

Für mobile selbstfahrende Arbeitsmittel gilt gemäß Anhang 1 Nummer 1.5 e) BetrSichV: "Der Arbeitgeber hat vor der ersten Verwendung von mobilen selbstfahrenden Arbeitsmitteln Maßnahmen zu treffen, damit sie über geeignete Hilfsvorrichtungen, wie zum Beispiel Kamera-Monitor-Systeme verfügen, die eine Überwachung des Fahrwegs gewährleisten, falls die direkte Sicht des Fahrers nicht ausreicht, um die Sicherheit anderer Beschäftigter zu gewährleisten,

Die TRBS 2111 Teil 4 "Mechanische Gefährdungen - Maßnahmen zum Schutz vor Gefährdungen durch mobile Arbeitsmittel"  konkretisiert die Anforderung, dahingehen, dass als technische Maßnahmen "zur Verbesserung der Sichtverhältnisse abhängig vom Einsatzort Hilfsmittel wie Spiegel, Kamerasysteme oder selbsttätige Erkennungssysteme wie Ultraschall-, Radar-, Infrarot- oder Lasersysteme eingesetzt werden können. Bedienelemente sind so zu positionieren, dass ein Einblick in den Gefahrenbereich ermöglicht wird, z. B. beim Ausfahren von Hydraulikstützen.

Zum Erkennen von Personen und Hindernissen können Rückraumüberwachungseinrichtungen ohne automatisch auslösende Stoppeinrichtung, wie Videosysteme oder Rangierwarneinrichtungen eingesetzt werden"

 

Als organisatorische Maßnahmen bei eingeschränkter Sicht sind folgende auszuwählen:

  • "Einweiser/Wahrschauer einsetzen,
  • Rangier- und Warneinrichtungen zum sicheren Rückwärtsfahren und Rangieren von Lastkraftwagen verwenden,
  • Auswahl geeigneter Warnkleidung,
  • Festlegen von Höchstgeschwindigkeiten,
  • Vereinbarung von Handsignalen beim Einweisen von Fahrzeugen."

 

Nach § 46 der DGUV Vorschrift 70 gilt:

"(1) Der Fahrzeugführer darf nur rückwärtsfahren oder zurücksetzen, wenn sichergestellt ist, dass Versicherte nicht gefährdet werden; kann dies nicht sichergestellt werden, hat er sich durch einen Einweiser einweisen zu lassen.

(2) Einweiser dürfen sich nur im Sichtbereich des Fahrzeugführers und nicht zwischen dem sich bewegenden Fahrzeug und in dessen Bewegungsrichtung befindlichen Hindernissen aufhalten; sie dürfen während des Einweisens keine anderen Tätigkeiten ausführen."

 

In der Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 70 ist zu § 46 Abs. 1 folgendes nachzulesen:

"Das Rückwärtsfahren und das Zurücksetzen, z.B. beim Wenden, stellen so gefährliche Verkehrsvorgänge dar, dass diese nach Möglichkeit vermieden werden sollten. Kann darauf nicht verzichtet werden, sind besondere Sicherheitsmaßnahmen zu treffen.

Zum Rückwärtsfahren bei der Teilnahme am öffentlichen Verkehr siehe § 9 Abs. 5 StVO.

 

Ansonsten kann eine Gefährdung von Versicherten in der Regel vermieden werden durch

  • Abschrankung des Gefahrbereiches,
  • die Anordnung von Verkehrsspiegeln, die dem Fahrzeugführer das Überblicken des Gefahrbereiches ermöglichen,
  • Rückfahr-Videosysteme,
  • Rangier-Warneinrichtungen nach DIN 75 031 „Nutzkraftwagen und Anhängefahrzeuge; Rangier-Warneinrichtungen; Anforderungen und Prüfung“, oder
  • Funksprechverkehr, z.B. bei Schwerlasttransporten.

 

Rückfahrscheinwerfer verbessern das Signalbild des Fahrzeuges und tragen dadurch zu mehr Sicherheit beim Rückwärtsfahren bei. Siehe auch § 20 Abs. 1.

Einweiser ist, wer einem Fahrzeugführer bei Sichteinschränkung Zeichen gibt, damit Versicherte durch Fahrbewegungen nicht gefährdet werden. Er muss ausreichend Kenntnisse haben, um die Verkehrsvorgänge beurteilen zu können. Das Tragen von Warnkleidung macht ihn für den Fahrzeugführer besser erkennbar.

Geeignete Handzeichen siehe Anhang 4."

 

Fazit:

Der Arbeitgeber hat im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung nach Arbeitsschutzgesetz in Verbindung mit der Betriebssicherheitsverordnung zu ermitteln, ob das Rückwärtsfahren mit dem Fahrzeug (Arbeitsmittel) unbedingt notwendig ist. Ist dies unvermeidbar ist der Einsatz von geeigneten technischen Mitteln zur Rückraumsicherung (Spiegeln, Kamerasysteme, Absperrungen oder Abgrenzungen) den organisatorischen, persönlichen Maßnahmen (Einweiser, Sicherungsposten) vorzuziehen. Ein Einweiser bleibt immer dann erforderlich, wenn sich bestimmungsgemäß Personen hinter dem Fahrzeug aufhalten, wie bei Müllsammelfahrzeugen. Zum Rückwärtsfahren von Müllsammelfahrzeugen (Abfallsammelfahrzeugen) siehe auch Unfallverhütungsvorschrift "Müllbeseitigung" (DGUV Vorschrift 43).